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Rezept für ein glückliches Draußensein.

Grundteig


Man nehme:

  • 4-20 Personen unterschiedlichen Alters

  • 1 x Loslaufen

  • 1 x (oder mehr) stetes Weiterlaufen

  • 1 x (oder mehr) Innehalten und Reflektieren

  • Picknickportionen in Anzahl der Personen, wobei der Inhalt den eigenen Erwartungen mindestens genügen muss!

  • 1 x Wanderroute, die ausbau- oder abkürzbar ist

  • 4 Decken

  • 4 Themen

  • 2 x Spannung (oder mehr)

  • 1 x (oder mehr) Aufnahmebereitschaft für Zufall und Glück

  • 1 x ausgiebiges Zeitfenster für Picknick

  • 1 x Eigeninteresse




Das Rezept funktioniert immer, ungelogen! Lachend und staunend saßen wir oben am Rand der Freifläche im Jenaer Forst. Eine bunte Gruppe von 17 Menschen allen Alters, zwischen uns auf dem Waldboden ausgebreitete Decken voller Essen und Trinken, die Luft erfüllt von Reden und verschiedenen Düften, spielende Kinder im Hintergrund. Eine bunte Geburtstagsgruppe – teils tief, teils lose bekannt miteinander – und das Laufen und Miteinander hatte uns zusammengebracht und auf eigenartige Weise mit Glück erfüllt. Aber wissenschaftlich will ich das jetzt nicht erklären, das gibts nur draußen im Gehen ;-)


Wie kam es? Siehe Rezept: einfach loslaufen. Und das waren wir am oberen Magdelstieg, sind den Forstweg und die Forsthohle hinaufgestiegen, hatten Müll und einen erneuten Tresor, interessante Grundstücke und Hohlwege gestreift. Hatten geredet, ununterbrochen, über Dutzende Anekdoten gelacht, Freiheit und Wohlgefühl geteilt. Immer wieder mit Pausen, dass wir zusammenbleiben, sind wir auf den Berg gestiegen, haben Gummibären und Riegel verteilt, auf die große Pause gebangt irgendwann, Forsthaus und Schottplatz passiert. In solch einer Gruppe bringt jeder seine Themen mit, seine Tagesstimmung, seine Vergangenheit und Gegenwart. Das muss gesagt werden – also 1x Innehalten. Und in jeder Gruppe zeigt es sich dann, dass das einfache Losgehen in natürlicher Umgebung Einklang erzeugt. Dass es bei der einen Befindlichkeit dämpfend wirkt oder dort etwas hervorkitzelt, dass es kommunikativ ist und trotzdem Stille erzeugen kann, die es sonst schwer gibt. Manchmal schaute ein Kind etwas trotzig, manchmal rann der Schweiß schon sichtbar. Doch ununterbrochen redeten wir, steckten uns gegenseitig an und schäumten wie der spätere Sekt vor Mitteilungs- und Hörverlangen: über Themen der Geschichte und des Waldes, über Jena und uns selbst.


Dann die nächste Grundzutat: Essen und Trinken in einer absichtlich überdimensionierten Qualität. Den richtigen Zeitpunkt zum Unterheben findet man so: Nach ein/zwei Stunden Gehen muss man auf die Gruppenstimmen achten. Wie häufig sind die einzelnen Appetit- oder Hungeräußerungen? Wer sagt gar nichts? Wie ist die Mimik der Kinder? Wie schnell drehen sich die Köpfe – wenn man das Essen erwähnt? Gut, okay, hier auf dem Weg? Alle schauen sich um und beraten, und da: Zehn Meter weiter vereinen sich Sonne und Schatten, ist das Unterholz einsichtig genug, der Untergrund passend, die Ausdehnung perfekt. Dann packt jeder sein über den eigenen Erwartungen liegendes Essenspaket aus, und siehe da: Freude allerorten, Glücksäußerungen, laut lachende Gesichter oder pausenloses Gegrinse. Ich fasse es selbst nicht, und lege mich erst einmal hin, egal ob eine Decke da ist oder nicht, und kriege keinen Bissen herunter. Also es ist sehr wichtig: Man muss etwas übertreiben beim Essen! Zwei Kaffeetassen (mit Kardamom, Zucker und einem Schuss Milch) und fünf Minuten später traue ich mich die ersten Happen, und erwache nicht irgendwo nachts, sondern sitze tatsächlich noch auch auf der Wiese im Forst im Sonnenschein zwischen den glücklichen Menschen! Und dann: Fladen, Brötchen, Baguette, Wiener, Wurst, Käse, Brennnesselbutter, Gespräche hier, Kräuterbutter, Aufstriche aus roter Bete, Möhre, Kürbis, Gespräche dort, dazu Äpfel, Sekt, wieder Kaffee und Wasser, Fruchtkuchen, Plätzchen, Himmel! Aber bitte: Ergänzt, wenn ich etwas vergessen habe! Denn alles verdient seine Erwähnung!


So. Dann muss die Gruppe noch einmal weitergehen, trotz vereinzeltem Völlegefühl oder Müdigkeit, aber das lässt nach fünf bis zehn Minuten nach. Die Zutaten 'Spannung' und 'Themen' helfen, für den Rest sorgen die glücklichsten unter den glücklichen Teilnehmern. Die 'Aufnahmebereitschaft für Glück und Zufall' lässt sich nicht mitnehmen und nicht vorbereiten. Man muss nur warten, sich Zeit nehmen, sich als Schüler des Staunens kennen lernen! – Und schwuppdiwupp – fühlt man sich überrascht von irgendetwas oder nimmt einen erstaunlichen Zufall wahr. Die Zufälle von der letzten Wanderung darf ich leider nicht verraten, sonst gibt es sie nicht mehr!


Trifft man auf diese beschriebenen Anzeichen, ist das Rezept gelungen. Man könnte sich jetzt entspannt zurücklehnen, dann noch ein Stück gehen und sich gehen lassen, und fertig. Viel Spaß beim ausprobieren!






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